Bei unserer Reise zum Orinoco Delta lernten wir wieder einmal die beeindruckenden Größen kennen, die in Südamerika Landschaft, Flora und Fauna bestimmen. Der Orinoco gehört zu den größten Wasserläufen auf dem südamerikanischen Kontinent und ist der viertgrößte Fluss der Welt und zweitgrößter in Südamerika mit rund 2.140 Kilometern Länge. Der Orinoco liegt zu etwa zwei Drittel auf venezolanischem Staatsgebiet und zu einem Drittel auf kolumbianischen. Mit seinem Einzugsgebiet, welches über eine Million Quadratkilometer beträgt, hat er auch das größte Flussvolumen Südamerikas. Mit seinen zahlreichen Schwüngen, Seitenarmen und Labyrinth artigen Verzweigungen bildet er ein einzigartiges Ökosystem, welches seines Gleichen sucht.

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Obwohl die erste Karte des Orinoco schon um 1529 von Diego Ribeiro erstellt wurde, war die Welt des Fluss-Urwaldes lange Zeit unerkundet und geheimnisvoll. Zahlreiche Forscher versuchten sich daran, diesem wilden Ort seine Geheimnisse zu entlocken, so auch Alexander von Humboldt und der französische Botaniker Aimé Bonpland um 1800 herum. Es sollte aber noch Jahrzehnte dauern, bis letztendlich eine genaue Kartografierung und Katalogisierung dieses exotischen Lebensraumes erfolgen konnte. So wurde die eigentliche Quelle des Orinoco erst im Jahre 1951 verlässlich dokumentiert.

Auf unserem Flussweg durch den Urwald steigen Schwärme von exotischen Vögeln auf, Brüllaffen toben am Ufer ungestört von dem dahingleitendem Boot entlang, Handteller große Libellen sirren beeindruckend, fast schwerelos vor unseren Nasen umher. Für den Naturbegeisterten ist die Reise eine wahre Schatzkiste an Eindrücken. Seekühe, Kaimane, Anakondas sind nur einige der Bewohner des riesigen Feuchtlandes.

Das eigentliche Orinoco-Delta, welches das Mündungsgebiet in den atlantischen Ozean bezeichnet, wartet mit weiteren, fast unbeschreiblichen Eindrücken auf uns. Das Mündungsdelta umfasst ca. 19.000 km2 und ist fast 370 Kilometer breit. Eine unüberschaubare Wasserfläche, die wiederum einen eigenen Lebensraum für eine abwechslungsreiche und beeindruckende Tierwelt bietet. Kormorane, Seeadler, Süßwasser-Delphine und das seltene Orinoco-Krokodil treffen wir hier an. Das Delta liegt relativ ruhig, und so gleitet unser Boot vorbei an bizarren, exotischen Pflanzen, verwitterten Riesenbäumen, vorbei an schläfrigen Ottern und majestätischen Flamingos.

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Im Delta trafen wir auch auf eine Ansiedlung der Warao-Indianer, die indigenen Waldbewohner des Orinoco-Gebietes. Waren die Warao ursprünglich „Besitzer“ des Waldes rund um den Orinoco, so ist heute die Zahl der Stammesangehörigen auf gerade einmal 30.000 reduziert. Hier zeigt sich leider wieder einmal der bittere Beigeschmack der Kolonialisierung und Industrialisierung. Lebten die Warao früher in Familienverbänden in kleinen Siedlungen in ihren traditionellen Pfahlbauten, sind heute durch den Kontakt mit der Zivilisation die leider oftmals zu beobachtenden Probleme zu verzeichnen: Versprengung von Familien in verschiedene Kleinstädte, dort meistens Arbeitslosigkeit, gepaart mit Alkoholmissbrauch, sozialer und kultureller Abkehr von den ursprünglichen Traditionen und Werten. Gefördert natürlich durch den Raubbau an der Natur, den skrupellose Unternehmen im Holz- und Erdölgeschäft betreiben. Schon lange versuchen die Warao ihr Leben der für sie und ihre Traditionen tödlichen Zivilisation anzupassen. Dabei gehen jedoch ihr Stolz und eigene Kultur verloren.

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